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Policy Paper: Gute Bedingungen für lokale Wertschöpfung aus Windkraftanlagen

Foto: jan_S/stock.adobe.com

Die Beteiligung von Standortkommunen an der Wertschöpfung aus Windkraftanlagen ist ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechten, gesellschaftsverträglichen Umsetzung der Energiewende. Ländliche Gemeinden können finanziell profitieren und die Akzeptanz unter den Anwohnenden kann gefördert werden. In dem am 23.09.2020 von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf des EEG 2021, welches zum 01.01.2021 in Kraft treten soll, ist die Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung von Standortkommunen zum ersten Mal in einer Bundesgesetzgebung verankert. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es dagegen bereits seit 2016 ein Landesgesetz, welches Anlagenbetreiber dazu verpflichtet, umliegende Gemeinden und Anwohnende an den Erträgen zu beteiligen. In unserer Forschung haben wir durch Interviews mit Gemeindevertreter*innen in Mecklenburg-Vorpommern und Vertreter*innen aus der Windenergiebranche erste praktische Erfahrungen mit dieser gesetzlichen Regelung in Mecklenburg-Vorpommern erhoben. Daraus haben wir zehn Empfehlungen abgeleitet, die ein Gesetz zur Stärkung lokaler Wertschöpfung aus Windkraftanlagen zum Erfolg führen können.

1. Bundeseinheitliche Lösung – lokale Rechtssicherheit
Eine bundeseinheitliche Lösung bietet Rechtssicherheit und bundesweit gleiche Bedingungen für Vorhabenträger. Gleichzeitig können so bundesweite Mindeststandards für lokale Wertschöpfung gesetzt werden, von denen Gemeinden im gesamten Bundesgebiet profitieren.

2. Einfache Regelungen – einfache Umsetzung
Ein Beteiligungsgesetz muss anwendungsorientiert gestaltet sein. Es sollte gut und transparent von Vorhabenträgern umgesetzt werden können und in den Standortkommunen möglichst einfach vermittelbar sein.

3. Klare Erwartungen – kurze Zeithorizonte
Um für die Lösung von lokalen Windkraftkonflikten überhaupt relevant zu sein, muss für Anwohnende und Gemeinden klar sein, was sie zu erwarten haben, z.B. durch festgelegte oder gesetzlich festgeschriebene Zahlungen. Frühzeitige, belastbare Informationen über den individuellen bzw. gemeindlichen Nutzen können helfen, den Zeitraum bis zur tatsächlichen Anwendung konstruktiv zu überbrücken.

4. Gestaltungsspielräume für Kommunen – Mindeststandards setzen
Bei aller gebotenen Einfachheit sollte ein Mindestmaß an Entscheidungsmöglichkeit für Gemeinden gewährleistet sein. Es muss gesetzlich ausgeschlossen werden, dass Kommunen „leer ausgehen“, weil sie selbst nicht investieren wollen oder können.

5. Raum für individuelle Lösungen schaffen
Eine gute Zusammenarbeit zwischen Vorhabenträgern und Gemeinden ist zu fördern. Dazu müssen Spielräume geschaffen werden, die es erlauben, Vereinbarungen zu treffen, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen.

6. Beratung und Unterstützung für Kommunen
Die Energiewende stellt Kommunen vor viele Herausforderungen. Sie bietet aber gleichzeitig auch große Chancen. Eine als neutral angesehene Beratung, die Gemeinden in Bezug auf die Umsetzung gesetzlicher Regelungen berät und Entscheidungsprozesse begleitet, ist wichtig.

7. Kommunale Netzwerke stärken
Kommunen müssen sich austauschen können. In „peer-to-peer“-Beratungen können Gemeinden gegenseitig ihre Erfahrungen mit lokalen Energiewendeprojekten austauschen, Hilfe suchen oder auch anbieten. Durch Kommunikation mit „Gleichgesinnten“ werden Probleme und Unsicherheiten oft schneller behoben. Das Lernen von Vorbildkommunen, in denen man die lokale Wertschöpfung aus der Energiewende bereits erfolgreich gesteigert hat, kann so gelingen.

8. Energieagenturen auf regionaler oder Landesebene
Die Beratung und Unterstützung von Kommunen, der Aufbau und die Pflege von kommunalen Netzwerken und weitere unterstützende Angebote benötigen Ressourcen. Egal ob bei einer Landesenergieagentur, bei einem regionalen Energiemanagement oder einer anderen zuständigen Behörde für Regionalplanung: Dazu müssen Verantwortlichkeiten geschaffen und die entsprechenden Organisationen mit personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden.

9. Vielfalt berücksichtigen und strukturelle Benachteiligungen abbauen
Bestehende strukturelle Benachteiligungen einzelner Gemeinden (z.B. durch mangelnden Flächenbesitz, schlechte Finanzausstattung oder kleine Verwaltungen) im Hinblick auf mangelnde Gestaltungsmöglichkeiten dürfen nicht verfestigt werden. Wer lokale Wertschöpfung erhöhen will, muss daher Kommunen zielgenau befähigen, ihre spezifischen Interessen in den Prozess einbringen zu können („Empowerment“).

10. Räumliche Gerechtigkeit in der Energiewende fördern
Eine räumliche Gleichverteilung von Windkraftanlagen ist weder erstrebenswert noch umsetzbar. Räumliche Gerechtigkeit in der Energiewende sollte vielmehr durch einheitliche Rahmenbedingungen erreicht werden, die dafür Sorge tragen, dass Verfahrens- und finanzielle Verteilungsgerechtigkeit sowie gerechte Lastenausgleiche gewährleistet sind. Die gesetzliche Verankerung der Stärkung lokaler Wertschöpfung und die Schaffung guter Rahmenbedingungen für Gemeinden können dazu wichtige Schritte sei.

Das vollständige Policy Paper kann hier abgerufen werden: https://leibniz-irs.de/en/knowledge-transfer/transfer-publications/irs-dialog/gute-bedingungen-fuer-lokale-wertschoepfung-aus-windkraftanlagen

Buchneuerscheinung: Sustainable Land Management in a European Context – a Co-Design Approach

Wie kann Landnutzung nachhaltiger gestaltet werden? Und welche Entwicklungsprozesse braucht es, um zunehmende Konflikte und Konkurrenzen einer Lösung zuzuführen? Auf diese Fragen geht der neue Band „Sustainable Land Management in a European Context – a Co-Design Approach“ ein. Er wird herausgegeben von den aktuellen wie früheren ZALF Mitarbeiter*innen Thomas Weith, Tim Barkmann, Nadin Gaasch, Sebastian Rogga, Christian Strauß und Jana Zscheischler.

Auf über 350 Seiten werden innovative Lösungsansätze für das Landmanagement im europäischen Kontext vorgestellt und diskutiert. Das Buch betont und beleuchtet Mitgestaltungsprozesse im Rahmen der „Co-Design-Ansatzes“, der die Zusammenarbeit in transdisziplinären Forschungsprozessen zwischen Wissenschaft und anderen Akteuren reflektiert.

Das Buch liefert einem Überblick über den aktuellen Stand verschiedener Landnutzungspraktiken und die daraus resultierende Notwendigkeit, die Landressourcen nachhaltiger zu bewirtschaften. Neue Systemlösungen und Governance-Ansätze im nachhaltigen Landmanagement werden aus einer europäischen Perspektive vorgestellt. Neue Ansätze für ein nachhaltiges Landmanagement ergeben sich aus der Co-Design von Veränderungsprozessen und der Entwicklung neuer Wissensbestände durch Co-Kreationsprozesse.

Für eine breite Leserschaft aus den Landsystem- und Umweltwissenschaften, Sozialwissenschaften und Geowissenschaften bieten sich hier neue Erkenntnisse und Erfahrungen zum nachhaltigen Umgang mit Land.

https://www.springer.com/in/book/9783030508401

ReGerecht und Praxis gehen Hand in Hand: Auftaktveranstaltung zur Wohnbauentwicklung 2030 für den Stadt-Umland-Raum Schwerin mit Projektbeteiligung

Am 06. Februar 2020 fand im Historischen Rathaus Schwerin die Auftaktveranstaltung zur Fortschreibung des Wohnbauentwicklungskonzeptes für den Stadt-Umland-Raum Schwerin statt. Unter Moderation des Amtes für Raumordnung und Landesplanung Westmecklenburg, einem ReGerecht-Projektpartner, verständigten sich der Oberbürgermeister Schwerins, die Bürgermeister der Umlandgemeinden sowie die Vertreter der Fachverwaltungen zu ersten inhaltlichen und organisatorischen Eckpunkten des weiteren Kooperations- und Abstimmungsprozesses.

Für die Weiterentwicklung des Wohnbaulandentwicklungskonzeptes erfolgt derzeit die Bestandsaufnahme. Ziel ist es, bis Ende 2020 ein aktualisiertes Konzept für den Stadt-Umland-Raum Schwerin fertigzustellen.

ReGerecht unterstützt inhaltlich und personell den Dialogprozess Erste Vorschläge hierzu kamen auf der Veranstaltung durch den Projektleiter apl. Prof. Dr. Thomas Weith. Eine Einbeziehung in die weiteren Arbeitsschritte des Konzeptes ist vorgesehen.

Stadt-Land-Unterschiede, gerechter Ausgleich und nachhaltiges Landmanagement

Vortrag des indonesischen Ministers für nationale Entwicklungsplanung (c) Th. Weith

Indonesien kann als eine der Weltregionen mit den derzeit größten Landnutzungskonflikten betrachtet werden. Neben der Problematik der Umnutzung tropischer Regenwälder in Plantagen bestehen erhebliche Nutzungsänderungen durch Siedlungs- und Infrastrukturentwicklungen (Verlust wertvoller Böden und Landwirtschafts- sowie Waldflächen). Im Rahmen des Forschungsprojekts ReGerecht reiste apl. Prof. Dr. Thomas Weith vom 7. bis 19. September 2019 in das Land, um sich mit Kolleg*innen zu den Themen regionale Gerechtigkeit und Landnutzungskonflikte auszutauschen.

Der Aufenthalt in Indonesien war zweigeteilt. In der ersten Woche wurden auf der internationalen ISOCARP-Konferenz (Weltkonferenz „Beyond metropolis“ der International Society of City and Regional Planners vom 7. bis 13. September 2019 in Jakarta und Bogor) erste Ergebnisse aus dem ReGerecht-Projekt in einer Session vorgestellt. In der zweiten Woche erfolgte auf Einladung der Hasanuddin-Universität Makassar ein dortiger Aufenthalt, währenddessen unter anderem ein öffentlicher Vortrag zum Themenfeld „Landnutzung und Regionalentwicklung in Europa“ vor 400 Studierenden an der Fakultät für Stadt- und Regionalplanung der Hasanuddin-Universität Makassar gehaltenwurde. Ein anschließendes Treffen mit dem Dekan der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Hasanuddin Universität Makassar bot auch die Gelegenheit, sich über Landnutzungskonflikte in Küstenregionen auszutauschen und Möglichkeiten eines aktiven Wissensmanagements auszuloten.

Round Table beim Global Land Programm – Treffen 2019

Mit dem Runden Tisch „Räumliche Gerechtigkeit: Stand des Wissens, Positionen und Herausforderungen“ lieferte apl. Prof. Dr. Thomas Weith (ZALF) einen wichtigen Beitrag zum Open Science Meeting des Global Land Programmes am 26. April 2019 in Bern. Zusammen mit dem Kollegen Prof. Dr. Köck vom UFZ führte er in die Veranstaltung ein und moderierte die Diskussion. Über zwanzig Teilnehmende tauschten sich inhaltlich über das Thema aus und entwickelten Perspektiven für Forschung und Praxis. Es wurde deutlich, dass „Räumliche Gerechtigkeit“ aktuell wie zukünftig eine große Bedeutung bei Landnutzungsfragen haben wird. Deshalb wurden weitere Formen der Zusammenarbeit im Rahmen des GLP sowie im Kontext des BMBF-Projektes ReGerecht vereinbart.

Interview mit Eva Eichenauer, IRS

Die Energieagentur NRW hat mit Eva Eichenauer vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) ein Interview zu Konflikten und Gerechtigkeitsfragen in der Energiewende geführt, unter anderem auch zum Projekt ReGerecht: https://www.energieagentur.nrw/blogs/erneuerbare/beitraege/die-energiewende-gerecht-gestalten-interview-mit-eva-eichenauer/